Kennt ihr das auch? Es ist der Tag des wichtigen Turniers, des lange herbeigesehnten Fotoshootings oder des Lehrgangs, an dem ihr teilnehmen möchtet und plötzlich passiert es! Euer Pferd stößt sich beim Aufladen oder schrammt an einer Kante im Stall vorbei, an der es sonst immer problemlos vorbeiläuft. Manche von uns haben absolute Bruchpiloten, anderen Pferden passiert es so gut wie nie. Aber wenn es passiert, dann immer im falschen Moment…
Was passiert im Wundheilungsprozess?
Nicht immer kann man sofort einschätzen, wie schwerwiegend eine Wunde ist. Muss genäht werden, der Tierarzt gerufen, ein Verband angelegt oder reicht doch ein wenig Salbe? Eines der wichtigsten Dinge, worauf du achten solltest, ist die Stelle an der die Wunde liegt. Bei einem Pferd befinden sich die meisten Muskeln am Rumpf, wohingegen die Beine überwiegend aus Sehnen bestehen. Diese benötigen Pferde, um sich bewegen zu können. Als geborenes Fluchttier kann das Leben eines Pferdes davon abhängen, wie gut es rennen kann. Wunden an den Beinen heilen meist schlechter und kommen leider häufiger vor, beispielsweise bei Verletzungen an Zäunen. Vor allem bei Verletzungen in der Nähe der Gelenke solltest du besonders vorsichtig sein, denn hier können sich schnell Entzündungen bilden, welche ernsthafte Folgen mit sich bringen. Anzumerken ist, dass Wunden bei Ponys meist schneller heilen als bei Pferden. Hier liegt der größte Unterschied in der ersten Phase der Wundheilung. Die Stelle rund um die Wunde schwillt an und erwärmt sich. Dies ist die Entzündungsphase, welche zwei bis fünf Tage dauert. Bei einem Pony tritt eine schnelle, effektive Entzündungsreaktion auf, wobei die Wundheilung schneller voranschreitet als bei Pferden. Dabei ist es normal, dass sich die Wunde warm anfühlt. Dies ist ein natürlicher Prozess des Abwehrsystems im Bereich der Wunde. Die folgende Phase kennzeichnet sich durch das Wachsen von Granulationsgewebe, einem vorübergehenden Schutzgewebe der Wunde. Dieses ist besonders gut durchblutet, damit der Wundheilungsprozess schnell voranschreiten kann. Außerdem kannst du beobachten, dass die Wunde kleiner wird. Danach kannst du an den äußeren Rändern der Wunde sehen, dass sich neue Haut bildet, welche nach innen wächst – das Epithel. Schlussendlich wird neues Bindegewebe gebildet, welches die neue Oberfläche über der Wunde verstärkt. Durch Narbenbildung wird die Haut an dieser Stelle jedoch niemals wieder die gleiche Elastizität erlangen wie vorher.
Was tun bei einer Wunde?
Vor allem solltest du die Wunde mit einem milden Desinfektionsmittel reinigen, beispielsweise auf der Basis von Honig. Verwende dazu keine starken oder aggressiven Desinfektionsmittel. Ist die Wunde gereinigt, kann in der Regel besser eingeschätzt werden wie groß oder tief die Wunde ist. Stoppt die Blutung nicht von selbst, solltest du einen Druckverband anlegen, um diese zu stillen. Befindet sich die Wunde in der Nähe eines Gelenks, ist es sowieso ratsam einen Tierarzt hinzuzuziehen. Zwar befinden sich in jeder Wunde Bakterien, jedoch können diese in einem Gelenk eine bakterielle Gelenksentzündung hervorrufen. Handelt es sich um eine Schürfwunde, kannst du diese nach dem Reinigen meist selbst mit etwas Salbe (z.B. Honigsalbe) behandeln, bis diese wieder verheilt ist. Bei größeren offenen Wunden kannst du im Zweifel lieber Kontakt mit dem Tierarzt aufnehmen und mit ihm die weitere Behandlung absprechen. Er oder sie kann einschätzen, ob die Wunde genäht werden muss. Große Narben können das Pferd nämlich, abhängig von der Stelle an der die Wunde sich befindet, in seinem Bewegungsablauf einschränken oder sogar behindern.
In einigen Fällen kommt die Wunde nicht zur Ruhe und hält die Entzündungsreaktion an. Dieser Fall kann vor allem bei Pferden mit einem schlechten Abwehrsystem eintreten, beispielsweise durch Krankheiten, Stress oder andere Umstände, welche das Abwehrsystem negativ beeinflussen. Diese Pferde benötigen besondere Aufmerksamkeit, was die Wundversorgung betrifft, auch wenn diese noch so klein und unscheinbar sind. Halte sie sauber und nehme, falls nötig, Kontakt mit deinem Tierarzt auf. Noch ein Tipp: Mach Fotos! Das klingt vielleicht komisch, aber so kannst du beobachten, ob die Wunde kleiner wird oder sich anderweitig verändert.
Wunden komplett vermeiden ist leider nicht immer möglich, jedes Pferd kann sich einmal stoßen oder anders verletzen, ob nun im Stall, auf der Weide oder während dem Transport. Als Besitzer oder Reitbeteiligung kannst du dafür sorgen, dass du für solche Fälle immer eine gut ausgestattete Stallapotheke griffbereit am Stall hast. Achte auch darauf, diese in regelmäßigen Abständen zu kontrollieren, beispielsweise auf abgelaufene Haltbarkeitsdaten, und alles nachzufüllen.